Jugendschutz im Internet
Freigegeben ab 16, Eintritt nur in Begleitung Erwachsener… Das, was im realen Leben recht zuverlässig kontrolliert werden kann, funktioniert im Internet nicht. Schließlich kann hier jeder weltweit nahezu nach Lust und Laune veröffentlichen, und es macht kaum Mühe, an all diese Veröffentlichungen heranzukommen. Zwar werden illegale Angebote und Handlungen auch im Internet verfolgt - schließlich ist das Netz kein rechtsfreier Raum - aber die spezielle Struktur des Netzes erschwert die Strafverfolgung.
Wer ist zuständig?
Gesetzlich ist der Jugendschutz im Internet durch den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder und das Jugendschutzgesetz des Bundes geregelt. Aufgabe des Jugendmedienschutzes ist, Kinder und Jugendliche vor Angeboten im Internet, die sie gefährden oder in ihrer Entwicklung beeinträchtigen, zu schützen. Die zentrale Aufsichtsstelle der Länder, die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), soll darüber wachen, dass keine Angebote auftauchen, die Gewalt verherrlichen, pornografisch sind oder gegen die Menschenwürde verstoßen. Dafür sind im Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) unter anderem so genannte Jugendschutzprogramme vorgesehen. Die Anbieter von Seiten, die nur für Erwachsene geeignet sind, sollen durch entsprechende Verfahren sichern, dass niemand unter 18 Jahren auf diese Internetangebote gelangen kann. Verstößt eine Webseite gegen die Bestimmungen, drohen strafrechtliche Konsequenzen.
Diese Jugendschutzprogramme müssen von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) geprüft und anerkannt werden. Leider gibt es bislang noch kein Jugendschutzprogramm, das den Anforderungen für eine Anerkennung genügt. Derzeit (2006) laufen zwei Modellversuche (ICRAdeutschland und jugendschutzprogramm.de).
Dazu kommt: In anderen Ländern gelten andere Regeln. Was in Deutschland verboten ist, kann anderswo erlaubt sein. Die deutschen Jugendschutzbestimmungen gelten eben nur in Deutschland. Die Kontrollmöglichkeit endet an den deutschen Grenzen – das Internet aber nicht.
Eltern in der Pflicht
All das bedeutet: Eltern und Pädagogen sind in der Pflicht. Sie müssen ihre Verantwortung sehr ernst nehmen und ihre Kinder schützen. Der beste Schutz ist Wissen und Können - das gilt auch für den Umgang mit dem Internet. Ein grundsätzliches Surfverbot für Kinder und Jugendliche wäre der falsche Weg, denn Chancen und Nutzen des Internets übertreffen die Risiken bei weitem - wenn Kinder und Jugendliche lernen, kompetent mit dem Medium umzugehen.
Die Probleme
Rechtsextremismus im Internet
Das Internet zählt zu den wichtigsten Propaganda-Plattformen für Rechtsextreme. Sie nutzen dort alle Möglichkeiten, um ihre rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Thesen und Parolen zu verbreiten. Weltweit sind derzeit laut Simon-Wiesenthal-Center etwa 4.000 Hass-Seiten (Hate-Pages) online, wobei die Dunkelziffer erheblich höher sein dürfte.
Rechtsextreme Websites sind häufig attraktiv gestaltet und enthalten für Jugendliche interessante Elemente wie Musik, Spiele, Kontakt- und Interaktionsmöglichkeiten. Darüber hinaus versucht die - juristisch offenbar bestens beratene - rechtsextremistische Szene viele Angebote so zu gestalten, dass eine Bestrafung gerade noch umgangen wird. Gleichwohl sind diese Seiten für Jugendliche nicht nur nicht geeignet sondern auch gefährlich.
Zwar gibt es unterdessen ein breites Angebot an Filtersoftware. Leider bietet aber keines dieser Programme einen wirklich sicheren Schutz vor rechtsradikalen Webseiten. Einige rechtsextremistische Angebote wie Musik, Chats oder Links sind erst auf den zweiten Blick erkennbar und fallen durch das Raster dieser Filter. Im Gegenzug werden gelegentlich harmlose beziehungsweise empfehlenswerte Seiten und sogar Kinderangebote gesperrt.
Wer trotz aller Vorsichtmaßnahmen auf rechtsradikale oder rassistische Angebote im Internet stößt, sollte sich unbedingt an eine der Meldestellen wenden, die in der Linkliste am Ende dieses Reiseführers aufgeführt sind. Diese Stellen setzen sich für den Schutz der Heranwachsenden im Internet ein und gehen Hinweisen der Nutzer nach. So hat beispielsweise Jugendschutz.net in den vergangenen Jahren die Schließung von mehr als 500 rechtsextremen Web-Angeboten im In- und Ausland erreicht.
Pornografie
Pornografische Angebote gab es von Anfang an im Netz. Wegen der hohen Nachfrage haben sie nicht unwesentlich zur Verbreitung des Internets beigetragen.
Anfangs waren es Bilder und Bildergalerien mit pornografischen Darstellungen, mittlerweile werden wegen der zunehmend kürzeren Übertragungsgeschwindigkeiten immer mehr Videos oder Live-Cam-Darstellungen angeboten. Und während zunächst viele Amateur-Webmaster kostenfreie Angebote ins Netz stellten, konzentriert sich das pornografische Angebot mittlerweile auf eine Anzahl kommerzieller Anbieter. Sie vertreiben so genannte "einfache Pornografie", deren Verbreitung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist.
Mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag wurde ein Sicherheitsniveau festgeschrieben, das Zugriffe Minderjähriger auf pornografische Angebote ausschließt. Nur wer als Anbieter sein Angebot mit Zugangssicherungen versieht, die nur volljährigen Besuchern den Zutritt erlauben, kann vor Strafverfolgung sicher sein. Internetnutzer, die pornografische Angebote im Netz sehen wollen, müssen sich dort zuvor bei dem Altersverifikationssystem (ASV) anmelden, ihre Volljährigkeit nachweisen und auch bei jeder weiteren Nutzung belegen, dass sie auch wirklich die Person mit der jeweiligen Zugangsberechtigung sind.
Etliche Anbieter haben allerdings ihren Sitz ins Ausland verlegt oder haben von vorneherein aus dem Ausland agiert und keinen effektiven Zugangsschutz installiert. In den meisten europäischen Ländern und auch im weltweit größten Markt für pornografische Angebote, den USA, wird Pornografie entweder erlaubt oder es werden Zugangshürden einfachster Art vorgeschaltet. Beispiel: Bist du volljährig? Ja/Nein.
Gewalt
Gewaltdarstellungen im Internet haben oft ihren Ursprung in anderen Medien, in Filmen oder Spielen. Es gibt aber auch immer mehr extreme Gewaltdarstellungen, die nur im Netz verbreitet werden. Etwa Tasteless-Angebote (Foto- und Videosammlungen von verletzten, verunstalteten, toten und getöteten Menschen), Rape-Sites (Darstellungen von sexueller Gewalt und Vergewaltigungen), Snuff-Videos (Videos von Folterungen und Tötungen), Kriegsgreuel (Brutalste Darstellungen von Kriegsgreueln). Gewaltdarstellungen auf Webseiten werden je nach Intensität als unzulässige oder als schwer jugendgefährdende beziehungsweise entwicklungsbeeinträchtigende Internetangebote eingestuft. Es ist generell verboten, Angebote zu verbreiten, die grausame und unmenschliche Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben. Auch hier gilt, Wer auf derartige Angebote im Internet stößt, sollte sich unbedingt an eine der Meldestellen wenden, die in der Linkliste am Ende dieses Reiseführers aufgeführt sind.
Pädophilie
Die Verbreitung von Kinderpornografie steht weltweit unter Strafe. Trotz zahlreicher Erfolge bei der Bekämpfung von Kinderpornografie wird das Internet nach wie vor zur Verbreitung kinderpornografischer Angebote genutzt. Anders als etwa die Betreiber rechtsextremistischer Seiten suchen die Anbieter von Kinderpornografie nicht die breite Öffentlichkeit des World Wide Web, sondern organisieren in aller Regel den Verkauf oder den Austausch von Kinderpornografie über geschlossene Zirkel, über Tauschbörsen, IRC oder das Usenet.
Pädophile Einzelpersonen und Gruppen nutzen das Internet außerdem als Möglichkeit zur Selbstdarstellung, als politisches Diskussionsforum und zur Verbreitung für sie vorteilhafter "wissenschaftlicher" Studien. Auch Chats werden von Pädophilen genutzt. Hier versuchen sie, mit falscher Identität Kontakte zu Kindern zu knüpfen.
Bei Kinderpornografie macht sich nicht nur der Anbieter strafbar, sondern auch derjenige, der entsprechende Daten besitzt. Auch hier gilt: Wer auf derartige Seiten im Internet stößt, sollte sich umgehend an eine der Meldestellen wenden und die Polizei benachrichtigen.
Beim Melden beachten
Aber Achtung! Wer auf eigene Faust Detektiv spielt und Material sammelt, kann sich strafbar machen. Denn bei Kinderpornografie kann auch derjenige bestraft werden, der versucht, sich derartige Dateien zu verschaffen. Deswegen sollte beim Melden solcher Seiten auf Folgendes geachtet werden: Die genaue Adresse im World Wide Web (URL) notieren bzw. den Namen des Chat-Forums und den genauen Ort (AOL, WWW, IRC-Server des jeweiligen Chats angeben. Den Namen des Teilnehmers (Chat-Pseudonym, und falls angegeben: E-Mail-Adresse, Profil etc.) notieren, ebenso den genauen Wortlaut und die genaue Uhrzeit des Dialogs.
Es ist bislang rechtlich noch nicht eindeutig geklärt, wieweit die Sicherung des Bildmaterials zu Beweiszwecken den Straftatbestand des §184 StGB (Verbreitung pornographischer Schriften) erfüllt, deshalb sollte man keine Bildschirmabbildungen (Screenshots) an Meldestellen und Behörden senden, sondern die oben beschriebenen Informationen.
Spam
Kinder und Jugendliche können auch mit problematischen Angeboten durch Spam-Mails oder in Werbefenstern- und -bannern konfrontiert werden. Mit Spam-Mails oder Bannern sollen Onliner vor allem auf erotische Seiten gelockt werden. Deshalb: Spamfilter für die Postfächer einsetzen (siehe auch "Wissen, wie's geht: Mailen") und ein Programm installieren, das die Werbefenster im Netz unterdrückt.
Bei Kinderpornografie macht sich nicht nur der Anbieter strafbar, sondern auch derjenige, der entsprechende Daten besitzt. Auch hier gilt: Wer auf derartige Seiten im Internet stößt, sollte sich umgehend an eine der Meldestellen wenden und die Polizei benachrichtigen.
Besser filtern?
Filterprogramme sollen Kinder vor unerwünschten Inhalten im Internet schützen. Diese "Netzkindermädchen" arbeiten nach verschiedenen Methoden und sind unterschiedlich erfolgreich. So werden Webseiten nach bestimmten Mustern durchsucht und gegebenenfalls gesperrt. Außerdem sortieren Filter mit Positiv- und Negativlisten erlaubte und verbotene Seiten. Andere Filterprogramme blockieren bestimmte Seiten auf der Grundlage von freiwilligen Selbsteinschätzungen der Webseiten-Anbieter. Aber auch wenn die Filtersysteme besser werden: Selbst noch so gute Filtersysteme können eine pädagogische Begleitung nicht ersetzen. Sie können zwar dabei helfen, kinder- und jugendgefährdende Kontakte im Internet weitestgehend zu unterbinden, aber sie entbinden weder die Internetanbieter noch die Eltern von ihrer Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen.